Das Leibhemd ist das unterste Kleidungsstück, welches direkt auf der Haut getragen wird (1). Wie schon bei Bruche und Beinlingen ist hier vornehmlich von Leinen auszugehen, dieses saugt Schweiß auf und ist leicht zu reinigen. Ein Hinweis auf das Material erginbt sich schon wesentlich früher aus den Templerregeln, diese beschreiben beispielsweise schon 1136 dezidiert leinene Hemden im Sommer als Erleichterung gegenüber den ansonsten im Orden üblichen wollenen Hemden (2).
Das Stoffmaß dürfte dem sozialen Status des Trägers angepasst gewesen sein. Zwei erhaltene Hemden, das Thomas Beckets und das König Ludwigs IX, weisen einen Schnitt mit frontalen gêren, eingesetzten Keilen auf. Einige Abbildungen lassen aufgrund des reichhaltigen Faltenwurfes eher auf weite Hemden schließen, andere auf relativ enge.
Auch die Länge variiert. In Unterwäsche werden in Abbildungen hauptsächlich ärmere Schichten oder entwürdigend dargestellte Personen dargestellt, denen das Hemd meistens zwischen Knie und Oberschenkel reicht (3). Bei höhergestellten Personen kann man von längeren Hemden analog zur Länge der Oberbekleidung ausgehen, bei geschlitzter Kleidung ist eventuell auch ein kürzeres Hemd möglich.
Das Hemd wurde im Grundschnitt aus feinem handgewebten Leinen nach dem Hemd des St. Louis gefertigt (4), wobei allerdings auf die frontalen Geren verzichtet wurde und der Halsausschnitt auch vorne gerundet wurde.
Herstellung: Fabian Griesler
Quellen:
Eike v. Repgow Anfang 14. Jhdt. Cpg 164 (Heidelberg) |
Das älteste Rechtsbuch in deutscher Sprache regelt Land- und Lehnrecht, und beschreibt damit das bestehende Gewohnreitsrecht. Es existieren vier bebilderte Handschriften aus Dresden, Heidelberg, Oldenburg und Wolfenbüttel; hier finden sich Abbildungen von Alltagssituationen und -gegenständen. |
Ca. 1250 Ms M. 638 |
Trotz des zu frühen Zeitraums zeigt die Maciejowski-Bibel Details mittelalterlicher Kleidung und Alltagsgegenstände so genau, dass sie als Vergleichsquelle zu anderen Darstellungen hinzugezogen werden kann. |
Cilicium des St. Ludwig ca. 1270 |
Das Cilicium, ein Büßerhemd, des St. Ludwig ist zwar unvollständig erhalten, gibt aber Aufschluss über die
Verarbeitung von Unterkleidung. |
ca.1250 Cod. Vindob. 2554 |
Reich illustrierte Handschriften aus dem Pariser Raum, die teilweise sehr detaillierte und selten gezeichnete Details zeigen. |
Herjolfnes-Funde |
Der Fundkomplex von Herjolfsnes bietet trotz seiner periphären Lage einen einzigartigen Einblick in Nahttechniken, Schnitte, Stoffe und Färbungen europäischer Kleidung über mehrere Jahrhunderte. Publiziert in: Else Ostergaard: Woven into the Earth, Aarhus University Press, Aarhus 2004 |
1 | Gösta Ditmar-Trauth: Alltag und Sachkultur des Mittelalters, Eigenverlag, Münster, 2006, S.368f |
2 |
Benedikt Hallinger: Milites Templi: Leben und Ausrüstung der Dienenden Brüder des Templerordens um 1190, Leffler Medienverlag, Münschen, 2010 |
3 |
Zum Beispiel diverse Darstellungen gehängter Könige in der Maciejowski-Bibel . |
4 |
Nach dem Rekonstruktionsvorschlag von Elisabeth Crowfoot Crowfoot et al.: Textiles and Clothing, Boydell Press, Woodbridge, 2008, S. 177 |